Strafe im Hundetraining

Da ich es immer wieder sehe, wie Menschen ihre Hunde anzischen, „Nein“ schreien und an der Leine rucken (und dann noch behaupten über positive Verstärkung zu trainieren), möchte ich gerne über Strafe und ihre Nebenwirkungen aufklären.

Doch was versteht man überhaupt unter Strafe (in der Lerntheorie „positive Bestrafung“ genannt. „Positiv“ bedeutet hier nicht gut, sondern „es kommt etwas hinzu“ )? Zunächst ist es schwierig, Strafe zu definieren. Denn jeder Mensch versteht etwas anderes unter Strafe bzw. unter Gewalt. Dass körperliche Gewalt und Stromhalsband zur Strafe gehören ist offensichtlich, doch dass auch körperliche Bedrohung, zischen und ein scharfes „Nein“ darunter fallen, ist vielen nicht klar, denn es handelt sich hierbei nicht um körperliche, sondern um psychische Bestrafung. All diese Maßnahmen haben jedoch das gleiche Ziel, nämlich ein bestimmtes Verhalten zu hemmen und damit dessen Auftreten zu reduzieren. Lerntheoretisch und unter Laborbedingungen ist das auch möglich, aber in der Praxis kaum durchführbar. Denn um Verhalten durch Strafe zu verringern, müssen einige Punkte erfüllt sein:

  • die Strafe tritt unmittelbar nach dem Verhalten auf (max. 1 Sekunde)
  • die Strafe folgt immer auf dieses Verhalten (d.h. der Hund darf sich der Strafe nicht durch z.B. Weglaufen entziehen und das Verhalten auch nicht heimlich ausführen)
  • die Strafe muss mit einem Signal angekündigt werden (damit sich der Hund der Strafe entziehen kann und  nach ein paar Wiederholungen bereits nach diesem Signal das Verhalten abbricht)
  • die Strafe muss angemessen sein (so stark, dass das Verhalten dadurch beendet wird, aber nicht zu stark, da damit durch den erzeugten Stress der Lerneffekt gering wäre. Aber woher soll ich das vorher wissen???)

Aber auch wenn man ein Verhalten durch Strafe unterdrücken kann, hat man noch lange nicht die zu Grunde liegende Motivation geändert. Das Risiko von Rückfällen oder anderen unerwünschten Verhaltensweisen, die dadurch auftreten, ist sehr groß. Ein Hund, der beim Alleinbleiben für das Bellen mit einem Sprühhalsband bestraft wird, wird vermutlich nicht mehr bellen, dafür aber die Wohnungseinrichtung zerstören oder sich die Pfoten wund lecken.

Desweiteren besteht die Gefahr, dass Strafe nicht mit dem Verhalten, sondern der gesamten Situation verknüpft wird. Wenn man z.B.  einen Hund bestraft, der gerade ein Kind anknurrt, hört er sicherlich für diesem Moment auf zu knurren. Beim nächsten Kind wird er aber vermutlich umso heftiger knurren oder schnappen, da die Strafe mit dem Kind assoziiert wurde.

Außerdem führt ein Hund, der durch Bestrafung erzogen wurde, ein gewünschtes Verhalten nur aus, um der Strafe zu entgehen. Er hat weder Spaß daran, noch hat er Vertrauen zu seiner Bezugsperson. Deswegen sollten wir uns im Hundetraining auf die positive Verstärkung konzentrieren. Mehr dazu erwartet euch im nächsten Artikel.Lucy